Mensch und Gesellschaft – Gesellschaft und Mensch
Der Themenbereich “Mensch und Gesellschaft – Gesellschaft und Mensch” behandelt im geographischen und zeitlichen Rahmen des ZBSA eine Vielzahl unterschiedlicher archäologisch fassbarer Individuen und Gruppen. Diese sind aber vor dem Hintergrund besonderer Charakteristika des Arbeitsgebietes zu betrachten.
Nord- und Ostsee bedingen zum einen Kommunikationslinien und -netze, zum anderen gliedern und begrenzen sie aber auch Siedlungsgebiete und geben somit Anstoß zu Ausprägungen unterschiedlicher geografischer Siedlungs- und Handlungseinheiten. Die Geografie, die Randlage an den oft impulsgebend gedachten Arealen Mittel- und Südeuropas sowie die speziellen maritimen Kommunikationsbedingungen haben somit besondere gesellschaftliche Strukturen und Zwange geschaffen. Beispielsweise sind knappe oder nicht vorhandene Metallvorkommen – im Gegensatz zu südlicher gelegenen Regionen West-, Mittel- und Osteuropas – ein Grund für einen ständig aufrechtzuerhaltenden Zwang zur Einfuhr von Rohmaterialien, die dann innerhalb des Arbeitsgebietes distribuiert und zur Statusmarkierung genutzt wurden. Zudem stellen die Regionen des Baltikums und Skandinaviens Bereiche dar, in denen kulturelle, und damit gesellschaftliche Kontinuitäten in oft beachtlichen Zeitdimensionen zu verfolgen sind. Somit ergibt sich die Möglichkeit, in Zeit und Raum weitgespannte Einblicke in Muster gesellschaftlichen Handelns zu erhalten.
Abb. 1: Das Nydamboot in der neuen Sonderausstellung.
Diese Muster zu erkennen, sie zu beschreiben und durch Modelle und Vergleiche zu analysieren ist Ziel des Themenbereichs. Dabei werden soziologische sowie wissenschaftstheoretische und kommunikationswissenschaftliche Forschungsansatze zur Diskussion der archäologischen Ergebnisse berücksichtigt. Stets sind ähnliche Fragen an das Beziehungsverhältnis zwischen Mensch und Gemeinschaft und vice versa zu stellen: Wie prägt individuelles Verhalten gesellschaftliche Zustande, wie leiten gesellschaftliche Verhältnisse das Agieren der Individuen im Arbeitsgebiet?
Abb. 2: Steinzeitliche Vierfach-Bestattung aus Veibri, Estland (Zeichnung: K. Roog; Foto: M. Tõrv).
Beschreibungen und Analysen von Gemeinschaften in der gesamten Bandbreite ihrer Individuen, ihres inneren Geflechts und ihrer Interaktion mit anderen Gruppen stehen im Fokus dieses Themenbereichs. Weiterführend werden Transformationen, Kontinuitäten und Abbruche von gesellschaftlichen Handlungssträngen, Adaptionsprozesse benachbarter Gesellschaften sowie die Weiterentwicklung oder die Auflosung gesellschaftlicher Einheiten diskutiert.
Dem Themenbereich gehören folgende Forschungsschwerpunkte an:
Laufende Forschungsprojekte des Themenbereichs:
Ausgewählte Kleinfunde vom vermeintlich römischen Landeplatz Bentumersiel
Ausgrabung Haithabu-Flachgräberfeld
Barrow cemeteries of the Wielbark culture and their connections to settlements (GIS-Projekt)
Celtic oppida among other hill-forts – an intercultural comparison (GIS-Projekt)
Der Berliner „chef militaire“. Ein Prunkgrab des frühen 5. Jahrhunderts
Hammelev – a Maglemose cremation grave from Southern Jutland, Denmark
HaNOA: Häfen im Nordatlantik / Harbours in the North Atlantic (800–1300 AD)
Forschungen zum älterkaiserzeitlichen Fundplatz von Hoby, Lolland
New dating approaches for the Late Iron Age of the South-East Baltic Region
Publikation “Wiskiauten – Die Ausgrabungen des Gräberfeldes 1865-2013”
Rokær – an early Neolithic grave from Eastern Jutland, Denmark
Urbanisation of Viking-age Scandinavia